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Wenn wir über Traumatherapie sprechen, denken viele immer noch an klassische Schocktraumata, die von der WHO als Krankheit in Form der Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) definiert werden. Allerdings übersieht die WHO, dass unser System nicht nur durch drastische Ereignisse wie Vergewaltigung, Autounfälle oder Naturkatastrophen erschüttert werden kann, sondern auch durch scheinbar subtilere Erfahrungen.
Das Gefühl, von unseren Bezugspersonen z.B. emotional im Stich gelassen zu werden, kann eine emotionale Wunde und somit ein Trauma in uns hinterlassen. Wenn der Vater uns z.B. immer wieder beibringt, dass wir nur dann Sicherheit und Liebe erfahren werden, wenn wir hart arbeiten und viel leisten, dann könnte sich womöglich ein Glaubenssatz in uns formen, der uns später zum Burn-out oder zu narzisstischen Zügen führen kann, ohne dass wir uns an den damaligen Satz des Vaters erinnern können.
Das Wort «Trauma» stammt ursprünglich aus dem Griechischen und bedeutet übersetzt «Wunde». Die WHO erkennt jedoch nur wenige Formen solcher Verletzungen an, und diejenigen, die nicht in dieses Schema passen, erhalten weder einen Therapieplatz noch Anerkennung für das Leid, das sie erlebt haben.
Das Ignorieren und Tabuisieren solcher Wunden hat tiefgreifende Auswirkungen auf unsere Gesellschaft. Wenn ganze Generationen von Menschen heranwachsen, für die es zur Normalität geworden ist, mit unerkannten Verletzungen zu leben, sollten wir uns nicht wundern, dass es an Mitgefühl und Präsenz in unserer Welt fehlt. Indem unsere Wunden als «normal» abgetan werden, werden wir in gewisser Weise gefühlstaub und betriebsblind.
Taube und blinde Schafe lassen sich jedoch wesentlich leichter kontrollieren als kraftvolle Wölfe. Die Machthaber unserer Gesellschaft haben wenig Interesse daran, uns zur Heilung zu führen, da dies ihre Positionen und das bestehende System bedrohen könnte. Doch durch Heilung und insbesondere Traumatherapie können wir verletzte innere Anteile integrieren, um nicht nur «normal gesund» laut WHO zu werden, sondern auch um posttraumatisches Wachstum zu erleben.
Dieses Wachstum kann außergewöhnlich sein und entsteht gerade durch die Auseinandersetzung mit diesen subtileren Wunden, die nicht von der WHO anerkannt werden. Wenn wir uns aber nur auf die Wunden konzentrieren, die von der WHO anerkannt werden, verpassen wir die Chance, herauszufinden, welche Transformation wir als Gesellschaft durchmachen könnten.